Plastikmodellbau

Ziel
Im Folgenden wird der Umgang mit Thermoplasten betrachtet, die sich gut mittels Lösungsmitteln oder Klebstoffen fügen lassen. Daher bietet sich dieses Verfahren. Hauptsächlich sind dies Styrolpolymere wie PS und ABS, aber auch andere Thermoplaste wie PC, PVC, POM und PA lassen sich via Lösungsmittel fügen, wobei letztere Gruppe weniger häufig Verwendung im Modellbau finden.

Voraussetzungen
Die Lösungsmittelempfindlichkeit lässt den Kunststoff an den benetzten Stellen erweichen und geht an den Fügestellen einen Materialschluss ein. Dies wird im Modellbau als „Kaltschweißen“ von Kunststoffen bezeichnet, aber auch Bezeichnungen wie „Diffusionsschweißen“ oder „Quellschweißen“ finden Verwendung.

Erklärung
Die Verwendung von Lösungsmitteln oder lösungsmittelhaltigen Klebstoffe führt bei Thermoplasten - durch die höhere Beweglichkeit der Polymerketten unter Lösungsmitteleinfluss - zu Polymerdiffusion an den Grenzflächen der Fügeteile [Hab09]. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels verfestigen sich die Verbindungen und die Fügung wird stabil.

Liste von Kunststoff-Lösungsmittel-Kombinationen:

  • Polyvinylchlorid: Tetrahydrofuran, Cyclohexanon
  • Polystyrol: Toluol, Xylol
  • Polymethylmethacrylat: Methylenchlorid, Methylethylketon
  • Polycarbonat: Methylenchlorid
  • Celluloseacetat: Methylethylketon, Methylalkohol
  • Polyphenylenoxid: Chloroform, Toluol

Es finden auch Lösungsmittelkombinationen Verwendung. [1]

Vorgehen
Die Wahl des Kunststoffes in Abhängigkeit des Modellbauziels bestimmt das Lösungsmittel. PS-, SB-, ABS- und PVC-Platten lassen sich leicht schneiden und bearbeiten und sind auch als Halbzeuge zu erwerben. Da es sich um Thermoplaste handelt, lassen diese sich auch begrenzt thermisch verformen und bieten so weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Vor dem Fügen sind die Fügestellen zu reinigen, sodass der Kunststoff trocken, staub- und fettfrei ist [1]. Zusätzlich kann ein mechanisches Aufrauen helfen, um die Kunststoff-Oberfläche zu vergrößern und so eine bessere Haftung zu erreichen und Adhäsionskräfte zu ermöglichen [2]. Die zu fügenden Teile werden mit dem Lösungsmittel benetzt, welches den Kunststoff anlöst. Häufig werden die zu fügenden Teile lediglich aneinandergesetzt und das Lösungsmittel durch den Kapillareffekt in den Spalt aufgenommen. Das Material an den nun aneinandergesetzten Teilen verbindet sich und nach dem Verdunsten des Lösungsmittels ist ein Stoffschluss vorhanden[1]. Für die Zeit des Verdunstens ist es notwendig, die Fügeteile zu fixieren. Nach dem Fügen sollte überschüssiger Klebstoff sofort entfernt werden, um unnötige Nacharbeiten zu vermeiden. Anschließend können die Fügestellen, wenn nötig, aufbereitet werden und das Modell weiter bearbeitet werden.

Grenzen und Alternativen
Für spezielle Materialkombinationen sind Lösemittel nur bedingt geeignet durch ihre materialspezifischen Eigenschaften. Am häufigsten wird der Einfachheit halber Kleber auf Cyanacrylat-Basis (Sekundenkleber) verwendet.

Literatur
[1] Gerd, Habenicht: Kleben: Grundlagen, Technologien, Anwendungen: 6., aktualisierte Aufl.: Berlin, Heidelberg : Springer, 2009
Doobe, Marlene: Kleben: Kunststoffe erfolgreich kleben : Grundlagen, Klebstofftechnologien, Best-Practice-Beispiele: Wiesbaden: Springer, 2018
[2] Fritz, A. Herbert ; Schulze, Günter: Fertigungstechnik. Springer, Berlin, Heidelberg. 10., neu bearb. Aufl. 2012, 2012 , Springer-Lehrbuch
[3] Hallgrimsson, Bjarki: Prototyping and Modelmaking for Product Design. London: Laurence King Publishing, 2012

Letzte Änderung: 29.01.2024 - Ansprechpartner: Babette Frehse